Frederick Wiseman hat eine Legislaturperiode in Idaho beobachtet, mit Ausschuss-Sitzungen, Anhörungen, Begegnungen mit den Wählern und Lobbyisten aller Art. Kann man die Idee der Demokratie filmen? Im US-amerikanischen Bundesstaat Idaho werden in 35 Wahlbezirken jeweils zwei Abgeordnete und ein Senator gewählt, die in einer Legislaturperiode von zwei Jahren den Haushalt und die Gesetzgebung des Landes in den Händen haben. Frederick Wiseman hat sie beobachtet, in Ausschuss- Sitzungen, in Anhörungen, beim informellen Gespräch auf den Fluren, bei Begegnungen mit den Wählern und Lobbyisten aller Art. Was durch Wisemans Art der Beobachtung und Montage, ohne Interviews und Kommentar, deutlich wird, ist der mühselige zwischenmenschliche Prozess demokratischer Entscheidungsfindung selbst: Ganz nebenbei zeigt er ein Kondensat des weißen, protestantischen Amerikas, das für viele als heilsbringender Werte-Exporteur an Attraktivität verloren hat. Wisemans Beobachtungsgestus zeigt, dass es sich lohnt, genau hinzuschauen, um komplexe Zusammenhänge zu verstehen und Widersprüche zuzulassen. Das Hinterfragen der eigenen Vorurteile geschieht dabei von selbst. "Der Ernst, mit dem die Politiker hier um jede vermeintliche Kleinigkeit bemüht sind, ist wirklich beeindruckend. Aber ich bin mir sehr sicher, dass das nichts mit der Kamera zu tun hat. Ich war ja die ganze Zeit anwesend, zwölf Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, das macht 720 Stunden. Ich habe 168 Stunden Film gedreht in den drei Monaten - also nur einen Bruchteil der Zeit gefilmt. Ich habe die Politiker auch dann beobachtet, wenn die Kamera aus war. Das machte überhaupt keinen Unterschied: derselbe Stil, dieselbe Art von Debatten. Ich stimme mit vielen ihrer Ansichten und auch mit vielen der Entscheidungen nicht überein - aber ihre Haltung, diese Hingabe an den Prozess der Entscheidungsfindung, das war erstaunlich." (Frederick Wiseman)
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Frederick Wiseman hat eine Legislaturperiode in Idaho beobachtet, mit Ausschuss-Sitzungen, Anhörungen, Begegnungen mit den Wählern und Lobbyisten aller Art.
Kann man die Idee der Demokratie filmen? Im US-amerikanischen Bundesstaat Idaho werden in 35 Wahlbezirken jeweils zwei Abgeordnete und ein Senator gewählt, die in einer Legislaturperiode von zwei Jahren den Haushalt und die Gesetzgebung des Landes in den Händen haben. Frederick Wiseman hat sie beobachtet, in Ausschuss- Sitzungen, in Anhörungen, beim informellen Gespräch auf den Fluren, bei Begegnungen mit den Wählern und Lobbyisten aller Art. Was durch Wisemans Art der Beobachtung und Montage, ohne Interviews und Kommentar, deutlich wird, ist der mühselige zwischenmenschliche Prozess demokratischer Entscheidungsfindung selbst: Ganz nebenbei zeigt er ein Kondensat des weißen, protestantischen Amerikas, das für viele als heilsbringender Werte-Exporteur an Attraktivität verloren hat. Wisemans Beobachtungsgestus zeigt, dass es sich lohnt, genau hinzuschauen, um komplexe Zusammenhänge zu verstehen und Widersprüche zuzulassen. Das Hinterfragen der eigenen Vorurteile geschieht dabei von selbst. "Der Ernst, mit dem die Politiker hier um jede vermeintliche Kleinigkeit bemüht sind, ist wirklich beeindruckend. Aber ich bin mir sehr sicher, dass das nichts mit der Kamera zu tun hat. Ich war ja die ganze Zeit anwesend, zwölf Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, das macht 720 Stunden. Ich habe 168 Stunden Film gedreht in den drei Monaten - also nur einen Bruchteil der Zeit gefilmt. Ich habe die Politiker auch dann beobachtet, wenn die Kamera aus war. Das machte überhaupt keinen Unterschied: derselbe Stil, dieselbe Art von Debatten. Ich stimme mit vielen ihrer Ansichten und auch mit vielen der Entscheidungen nicht überein - aber ihre Haltung, diese Hingabe an den Prozess der Entscheidungsfindung, das war erstaunlich." (Frederick Wiseman)